L E K T I O N   3

Die erste Kontraktion - Der Schirm - Das Parzuf


 

Sobald das Licht der Weisheit den Wunsch zu empfangen des erschaffenen Wesens erfüllt, überträgt es dem Wunsch zu empfangen seinen eigenen Willen - den Willen, zu geben. Folglich ändert Phase 1 den Ausgangswunsch von einem Wunsch zu empfangen, in einen Wunsch zu geben.

Nachdem Phase 4 initialisiert und mit Or Chochma gefüllt wurde (das Licht der Weisheit), fungierte das Licht innerhalb von ihr (Phase 4) derart, dass sie anfing sich das Geben zu wünschen. Weshalb stattet das Licht der Weisheit sein Gefäß mit diesem Wunsch zu geben aus? - Weil das Gefäß nicht nur Vergnügen vom Licht erfährt und erhält, sondern auch den Willen des Gebers.

Der Schöpfer hätte ein Gefäß herstellen können, welches dies nicht empfinden würde. Er wäre der Geber, der jedoch nur alleine Vergnügen am Geschenk hätte verspüren können. So finden wir in unserer Welt Menschen, deren Wunsch zu empfangen nicht voll entwickelt ist: Kinder, ordinäre und vulgäre Personen und geistig Verwirrte. Während ein Kind heranwächst, beginnt es damit, durch Geschenke in Verlegenheit gebracht zu werden.

In einem erwachsenen Menschen hat sich dieses Gefühl der Verlegenheit zu einem Punkt entwickelt, dass er alle möglichen Schmerzen dieser Welt gegenüber dem Schmerz bevorzugen würde, der mit diesem Schamgefühl verbunden ist. Der Schöpfer erschuf uns insbesondere mit dieser Veranlagung, damit wir durch sie, unsere Natur, den Wunsch zu empfangen, überwinden können. Um die Scham und Schande zu spüren, und durch die Tat des Empfangens von Schmerzen gepeinigt zu werden, müssen wir zuerst verstehen und wahrnehmen, dass wir empfangen.

Dieses ist nur möglich, wenn wir die Anwesenheit des Gebers wahrnehmen: Wenn ich meinen Gastgeber nicht wahrnehme, fühle ich mich wegen meines Nehmens nicht beschämt, jedoch, wenn ich ihn vor mir sehe, werde ich in Verlegenheit gebracht, ich kann nicht mehr empfangen, ich habe dann das Bedürfnis mit ihm in Verbindung zu stehen. Möglicherweise muss ich ihm etwas geben, als Austausch für das, was ich von ihm empfangen habe, - folglich bin ich nicht mehr länger der Empfänger von ihm, sondern ich handele mit ihm, so dass er auch von mir empfängt.

Das Wahrnehmen des Schöpfers erweckt im Malchut (erschaffenen Wesen) einen Schmerz von solch großem Ausmaß, den das Malchut nur damit auflösen kann, indem es kein Or (Licht) für sich empfängt, was "Tzimtzum" (Kontraktion oder Einschränkung) genannt wird. Da es die erste Erfahrung eines Tzimtzum ist, wird dies "Tzimtzum Rishon" genannt (die erste Kontraktion) - Malchut hat aufgehört, Licht zu empfangen, und auf diese Art gestoppt, ein Empfänger zu sein.

 

Abb: Die Weiterentwicklung des Lichtes bis zur Einschränkung

 

 

Jedoch ist dies noch nicht ausreichend dafür, dass Malchut wie das Höhere Licht agieren kann: Schenkend und Freude bereitend. Das Licht des Schöpfers schenkt Malchut Vergnügen, jedoch nachdem Malchut es ablehnte, nun das Licht zu empfangen, und es folglich auch kein Vergnügen mehr vom Schöpfer empfängt, erfüllt es Seinen Wunsch nicht.

Das Gegenteil ist eher zutreffend. Der Wunsch des Schöpfers ist doch, dem erschaffenen Wesen Freude zu bereiten, und wenn Malchut nicht diesen Wunsch des Schöpfers erfüllt, bereitet es Ihm auch kein Vergnügen.

So ähnelt das Malchut nicht dem Schöpfer als ein Geber von Freude, selbst nachdem es aufhörte, Sein Licht anzunehmen. Der Wunsch und das Ziel des Schöpfers beim Schöpfen oder Erschaffen ist, dass das Malchut, das Geschöpf oder das erschaffene Wesen, Vergnügen empfängt. Die Absicht und der eine Schöpfungsgedanke ist unumstößlich und absolut festgelegt, folglich bedrängt der Schöpfer das Malchut, wieder Licht zu empfangen.

Malchut nimmt dies aus seiner eigenen Perspektive so wahr, als ob die Ausführung der Kontraktion (Einschränkung) in sich selbst nicht genügend sei. Wie kann jedoch ein erschaffenes Wesen, dessen Wesentliches auf das Empfangen begrenzt ist, etwas dem Schöpfer zurückgeben? Das Malchut stellt fest: Wenn es das Licht und dessen Nutzen, mit der Absicht dem Schöpfer Vergnügen zu bereiten empfängt, und dies auch ausführt, denn Er wünscht dies so, und nicht weil Malchut das Licht für sich selbst genießen möchte, wird dessen Empfangen wie ein Geben: Ein Akzeptieren des Vergnügens für das Wohlergehen des Gebers wandelt die Tat des Empfangens in eine Tat des Gebens um.

Wenn das Malchut das ganze Licht empfängt, die ganzen Vergnügen, die der Schöpfer, zu seinem Wohle für es vorbereitet hat, wird das Resultat sein, dass Malchut dem Schöpfer genau das gibt, was Er ihm gibt. Dieses Empfangen wird nicht als Empfangen betrachtet, sondern es ist eher so, als ob Malchut am Geben teilnimmt.

Hierzu gibt es eine Ähnlichkeit in unserer Welt, wenn ein Gast für ein paar Tage zu Besuch in das Haus eines Gastgebers kommt. Der Gastgeber ehrt seinen Gast mit exquisiten Köstlichkeiten und reicht ihm genau die Qualität und die Quantität der Speisen, die er mag (...weil das Licht des Vergnügens selbst ein Gefäß erstellte, welches qualitativ und quantitativ ganz genau proportional zum Vergnügen ist, das es enthält). Während der Gast sehr viel essen möchte, bringt ihn das Vorhandensein des Gastgebers in Verlegenheit, weil sein Gefühl am empfangenden Ende zu sein, so bedrängend ist, dass er nicht mehr zum Empfangen in der Lage ist. Jedoch, nachdem der Gastgeber seinen Gast auffordert und dafür plädiert, dieser solle doch annehmen, was er für ihn vorbereitet habe, beginnt es dem Gast so zu erscheinen, als ob, nachdem er viele Male die Annahme des Genusses abgelehnt hat, er ihn (den Genuss) nun akzeptiert, und diese Annahme so ist, als würde er dem Gastgeber einen Gefallen zugute kommen lassen. Folglich wird der Gast der Geber und der Gastgeber der Empfänger.

Die Weisheit der Kabbala spricht über Wünsche oder Verlangen, Freude oder Vergnügen sowie ihren Funktionen in der Sprache der Kabbala: Der Wunsch zu empfangen oder das Gefäß (Gast), empfindet das Licht (Vergnügen) das ihn erreicht und in ihn eindringen möchte. Das Gefäß drückt das Licht weg, und es geht zu seiner Quelle zurück (der Gast lehnt ab, die Speisen, die Nahrung von seinem Gastgeber zu empfangen). Die Kraft, die das Vergnügen zurückweist, wird "Masach" genannt (Schirm).

 

 

Mit Hilfe der Energie, die Vergnügen zurück weisen kann, ist diese Kraft, das Gefäß in der lage, mit sich selbst zu kämpfen und seinen Wunsch zu empfangen zu überwinden. Es könnte so erscheinen, dass das Gefäß das Licht zurückweist, in der Tat weist es seinen eigenen Wunsch zu empfangen zurück und erlaubt sich selbst nicht, sich wieder an dieses Verlangen zu binden. Ein Gefäß kann nicht das Licht zum Schöpfer zurückbringen, aber anstatt dessen wird im Gefäß ein Wille herangebildet, beim Schöpfer Genuss auszulösen, Ihm Freude zu bringen. Diese Absicht wird "Or Chozer" genannt. Or ist eine Erfahrung des Genusses. Or Yashar ist der Genuss, den der Schöpfer seinen Wesen schenken möchte. Or Chozer ist der Genuss, den das erschaffene Wesen dem Schöpfer schenken möchte.

Nachdem das Gefäß (der Gast) sicher ist, dass es nicht das Licht nur für seinen eigenen Nutzen empfängt, beschließt es mit dem Hilfsmittel des Or Chozer (entsprechend dem Ausmaß des Genusses, den es dem Schöpfer/Gastgeber schenken möchte), wie viel vom Or Yashar (Nahrung) es empfangen kann, unter der Bedingung, dass es seine Absicht ist, dem Schöpfer/Gastgeber Genuss von der Fülle, dem Überfluss, der durch den Gastgeber angeboten wird, zu schenken.

Das Licht kommt direkt vom Schöpfer und wird folglich "Direktes Licht" genannt. Es möchte sich selbst innerhalb des Gefäßes kleiden, gleichwohl es in das Gefäß nicht eintreten kann, weil der Schirm es abwehrt. Der Schirm wiederum weist das Licht zurück und erzwingt, dass es zurückkehrt, lehnt ab, es zu empfangen des Empfangens willen. Auf diese Weise erfüllt das Gefäß die Bedingung des ersten Tzimtzum: nicht für sich selbst zu empfangen.

Nachdem das Gefäß sicher ist, dass es nie wieder seinen Wunsch dafür verwenden möchte, Vergnügen zu seinem eigenen Wohl zu empfangen, macht es eine Berechnung, wie viel es mit dem Ziel es dem Schöpfer zu geben, empfangen kann. Diese Berechnung wird mit Hilfe des Schirms ausgeführt. Der Ort, an dem die Berechnung vorgenommen wird, heißt "Pe" (Mund). Der Ort des Schirms ist im Pe. Alle Erfahrungen und Entscheidungen vor dem Empfang des Lichtes wurden in dem Teil des Gefäßes gebildet, der "Rosh" genannt wird. Dort gilt, dass das Licht als Potential empfangen wird.

 

 

Nach der Entscheidung des Gefäßes, die im Rosh gebildet worden ist, empfängt das Gefäß das Licht in seinem Inneren. "Toch" (Innenraum) ist der Teil des Gefäßes, in dem das Licht tatsächlich empfangen wird. Da im Toch des Gefäßes das Or Chochma in einer Form des Empfangens, um dem Schöpfer Vergnügen zu schenken, empfangen wird, umkleidet sich dieses Licht innerhalb des Or Chozer. Seine Absicht ist, sich dem Schöpfer zuzuwenden, Ihm eine Wohltat zukommen zu lassen.

Aber das Gefäß ist nicht in der Lage, das ganze Or Yashar, welches vom Schöpfer kommt, zu empfangen, sondern nur einen kleinen Bruchteil davon. Der Teil des Gefäßes, der leer bleibt, weil das Masach nicht die Kraft hat, es zu empfangen, wird "Sof Hakli" genannt (die Extremität des Gefäßes). Der Kopf, das Innere und die Extremität des Gefäßes werden zusammen das "Parzuf" genannt (Gesicht). Die Grenze im Parzuf, an der das Empfangen des Lichtes aufhört, wird "Tabur" genannt (Nabel).

Der Teil des Lichtes, der im Parzuf empfangen wird, wird "Or Pnimi" genannt (Inneres Licht). Der Teil des Lichtes, welcher außerhalb des Gefäßes bleibt, wird "Or Makif" genannt (Umgebendes Licht). Das Or Yashar wird durch das Masach in Or Pnimi und in Or Makif geteilt. Jedes Parzuf schließt ein Rosh (Kopf) und ein Guf ein (Körper). Der Körper wird in das Innere und in die Extremität geteilt. Malchut schließt fünf Aspekte ein. Der Vorhang (Barriere) beschließt, wie viel in jeder Phase empfangen wird, und folglich wird jede Phase in den Teil, der empfängt und in den Teil, der nicht empfängt, geteilt. Es gibt folglich fünf Aspekte im Inneren und fünf Aspekte in der Extremität.

 

 

Zusammenfassung: Damit das Licht das Gefäß vollenden kann, gibt es dem Gefäß den Wunsch des Schöpfers. Und genau das ist, was uns fehlt: Dass das Licht zu uns kommt und uns perfektioniert, und wir uns wünschen können, wie der Schöpfer zu sein. Das Studium der Kabbala ist darin einzigartig, das Or Makif zu erwecken, welches den Menschen vervollkommnet.

 

 

ÜBERSICHT

 

Übersetzung von Peter Staaden